Erst einmal die Welt retten…

Ihr E-Mail las sich vielversprechend. Vera Dinter, so der Name der Dame, engagiere sich schon seit Jahren im Tierschutz, und aktuell seien in ihrem  „Freundeskreis sehr zuverlässige und tierliebe Leute, welche einem Tier aus Son Reus gerne ein neues Zuhause geben würden.“ Und da ich bei pfotenpower.com meine Hilfe anbiete, wenn jemand ein Tier aus Son Reus retten möchte, wendete sie sich jetzt an mich. Dazu ein Wunschzettel über fünf Hunde und 12 Katzen aus der „Insassen“-Liste des Palma-Tierheims: „Ich hätte für all diese Tiere bereits sehr gute Freunde, die katzen-, bzw. hundeerprobt sind und sich einen neuen Hund oder aber mindestens zwei Katzen zulegen wollen. Somit haben sie sich entschieden, Tiere aufzunehmen, welche von der Tötung bedroht sind, egal wieviel es kostet.“

Leo Ratero-Mix zu vermitteln
Ratero-Mix Leo nach seiner „Befreiung“ aus dem Tierheim Son Reus. In Deutschland wartet er jetzt auf seine endgültige Familie

Selbst über die praktischen Details hatte sie sich schon Gedanken gemacht. Vera Dinter in ihrem ersten e-mail:  „Wer könnte die Tiere auslösen und, soweit ich informiert bin, müssen diese nach der Impfung noch drei Wochen auf der Insel bleiben, bis sie ausreisen dürfen? Wer stellt einen Pensionsplatz zur Verfügung? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, selbstverständlich werden alle Kosten vorab von mir übernommen, es geht hier nicht darum, daß jemand irgendetwas vorfinanzieren soll, sondern, wie bekommen wir die Tiere da raus.“

Eine tolle Chance für die Vierbeiner, fand ich. Wir telefonierten. Die Chemie stimmte. Wir besprachen ausführlich die Details. Ich gab ihr meine Kontonummer. Und dann tat ich das, was ich nie vorher getan habe: Aufgrund des telefonischen Versprechens, Geld sei unterwegs, holte ich zwei Hunde aus dem Tierheim Son Reus. Bei beiden war die Uhr quasi abgelaufen, was die Dringlichkeit erhöhte. Für beide fand ich vorübergehend Platz bei lieben Freundinnen, also mit Familienanschluss. Sogar eine kurzfristige Flug-Möglichkeit nach Deutschland zeichnete sich ab. Perfekt.

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Duna im offiziellen Vermittlungsfoto des Tierheimes Son Reus in Palma de Mallorca. Für die 11jährige Cockerdame gab es nach 3 Wochen Aufenthalt keine Interessenten…

Allein – es traf nie auch nur ein Euro ein. Vera Dinters erste Erklärung: Ein Zahlendreher bei der Überweisung. Das sei jetzt korrigiert, und sie habe zusätzlich bar eingezahlt. Dieses Geld traf auch nie ein. Dann war ihr Auto kaputt und damit unsicher, ob sie eine Woche später die Hunde vom Flughafen abholen könnte. Und schließlich: „Ich kann doch jetzt nicht plötzlich meinen Bekannten einen Hund vor die Tür setzen. Die Leute müssen sich doch drauf vorbereiten!“ Die Interessenten in Deutschland, Vera Dinters sehr gute Freunde, waren ebenso Luftnummern wie der Rest der Geschichte.

Unser Kontakt endete damit, dass sie immerhin für die 11jährige Cockerhündin „Duna“ den Kontakt zum Cocker-Gnadenhof bei Hannover herstellte. Um den kleinen Ratero-Mix „Leo“ kümmerte sich Vera Dinter überhaupt nicht mehr. Ich konnte ihn schließlich an eine Pflegestelle in Deutschland vermitteln, fand für beide Hunde Flugpaten, organisierte Flüge, Transportmittel, Impfungen, Papiere…

Ich veröffentliche Vera Dinters Namen nicht aus Rache. Für meine Gutgläubigkeit bin ich allein verantwortlich. Aber da ich weiß, dass es auf Mallorca (wie eigentlich überall) viele tierliebe hilfsbereite Menschen gibt, die willkommene Opfer der Masche der Frau Vera Dinter werden könnten, möchte ich einfach diese Warnung ausgesprochen haben. Ich weiß ja nicht, ob und wann sie wieder auf die Idee kommt, die Welt retten zu wollen.

Immerhin: Den Hunden Duna und Leo, denen schon die Todesspritze drohte, geht es gut. Wir suchen Familien für beide. Vera Dinter meldet sich nicht mehr.