C wie Eine Chance für den Welpen

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Vor einiger Zeit wurde ich um Rat gebeten bei der Auswahl eines Hundes. Aus dem Tierschutz sollte er sein und jung. Nun, eigentlich hatte Frau W. sich schon entschieden und zeigte mir glückselig ein Foto von einem etwa fünf Monate alten Welpen. Der vermittelnde Verein gab zur Rasse die Auskunft „unbekannt“. Äußerlich konnte man auf ziemlich viele Hunderassen dieser Welt schließen, auch ein Herdenschutzhund war möglicherweise unter den Vorfahren. Zumindest sah Frau Wagner das so, aber die Familie sei schließlich hundeerfahren und Herdenschutzhunde ja keine Monster.

Es vergingen etliche Wochen. „Keine Nachrichten sind gute Nachrichten“, mutmaßte ich, doch dann überkam mich die Neugierde. Am Telefon erhoffte ich mir von Frau W. einen äußerst positiven Bericht.

„Nein, den Hund haben wir am gleichen Abend wieder weggebracht. Der war ja bissig.“

Wie bitte? Ein Welpe von fünf Monaten bissig? Ohne Punkt und Komma erzählte mir Frau W., wie der große Tag verlaufen war. Sie fuhren zwei Stunden, um den Kleinen abzuholen. Im Auto war er schon unruhig, aber Sohnemann, 12 Jahre alt, spielte sehr schön mit ihm. Zu Hause angekommen wurde der Junghund immer wilder und schnappte nach den Freunden vom Sohnemann. Und dann floss Blut des kleinen Prinzen, und jetzt reichte es der Helikoptermutter, der Hund musste aus dem Haus. Noch am gleichen Nachmittag wurde der Ehemann losgeschickt, um die Retoure zu erledigen, diesmal ohne Begleitung. Und beim Verein hat sich Frau W. in aller Deutlichkeit beschwert, wie man einen bissigen Herdenschutzhund an eine Familie mit einem kleinen Kind vermitteln könne.

Das arme Tier. Der Hund war in Osteuropa geboren und mit zwölf Wochen nach Deutschland gekommen, seitdem lebte er in einer Pflegefamilie. Am Tag X wurde er aus seinem Rudel herausgerissen und von fremden Menschen in ein fremdes Auto verfrachtet. Nach einer für einen jungen Hund sicher langen Zeit durfte er aussteigen. Aber man gab ihm keine Chance. Er hatte nicht die Gelegenheit, anzukommen, in Ruhe die fremde Umgebung kennenzulernen, sich zu orientieren, die Unsicherheit abzubauen. Stattdessen kam eine Horde Nachbarskinder, um mit dem tollen neuen Hund zu spielen. Ich stelle mir lebhaft vor, wie der Welpe gerne mitspielte, wie er dann aber – das passiert auch kleinen Kindern, wenn man sie überfordert und ihnen Ruhepausen verwehrt – überdrehte, wie das Spiel heftiger wurde und schließlich der Junghund unkontrollierbar wurde. Dass er mit fünf Monaten noch spitze Welpenzähne hatte, gestaltete die Folgen recht schmerzhaft. Und schon war der Hund bissig.

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Das arme Tier. Ich hoffe, die nächste Familie konnte besser mit ihm um- und auf ihn eingehen.

So schwer ist das eigentlich nicht. Mit ein wenig Empathie kann man sich in die Situation eines jungen Tieres hineinfühlen, das aus seinem Zuhause herausgerissen wird. Plötzlich ist alles Bekannte, alle Sicherheit verschwunden. Dieser Moment bedeutet für einen Hund großen Stress. Stress, der sogar gesundheitliche Folgen haben kann. Viele Welpen entwickeln in den Tagen nach ihrem Umzug Durchfall oder Erbrechen, manche sogar Fieber – alles mögliche Stresssymptome. Das lässt sich verhindern. Geben Sie Ihre neuen Familienmitglied eine Chance – lassen ihm Zeit. Für den Kleinen da sein ist wichtig, aber nicht die ganze Zeit an ihm herumfummeln, ihn hierhin und dorthin tragen („Schau mal, das ist dein Schlafplatz… und hier die Treppe, die ist pfui…“), ihn zwangsbekuscheln. In den ersten zwei oder drei Tagen braucht der Neuankömmling kein Programm, da orientiert er sich in seinem neuen Leben.

Ein Welpe hat einen kleinen Radius, in dem er sich sicher fühlt – und diesen hat er mit dem Umzug zu Ihnen verloren. Den baut er sich jetzt, in den ersten Tagen, neu auf, und dann erweitert er ihn Stück für Stück. So gewinnt er Vertrauen zur Umwelt und zu seiner neuen Familie. So lernt er Selbstvertrauen. Er muss nicht gleich die ganze Straße, den großen Wald, den kompletten Freundeskreis kennenlernen. Das überfordert ihn. Ein gesunder Welpe schläft 18 Stunden am Tag. Der will nicht vormittags in die Hundeschule und nachmittags in den Hundefreilauf. Lassen Sie ihn in seinem Tempo und in Ihrer Begleitung erst das Haus, den Garten, die nähere Umgebung kennenlernen. Schritt für Schritt ist er bereit für mehr. Und so hat er die besten Chancen, ein in sich ruhender, selbstsicherer Hund zu werden.

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E wie Einmal Welpen haben

Die Hündin liegt glücklich hechelnd in ihrer Wurfkiste, um sie herum wuselt ein halbes Dutzend gesunder, munterer Hundebabys. Alle paar Tage kommen begeisterte zukünftige Hundeeltern, um „ihren“ Welpen, ihr zukünftiges Familienmitglied, zu besuchen und zu bewundern. Tagsüber toben perfekte kleine Wollknäuel durch Haus und Garten, und nachts grunzen sie leise im Traum, an der Seite ihrer Hundemama. Ist es nicht eine wunderbare Vorstellung?

Gestern hatte ich mal wieder so ein Gespräch. Eine Freundin erzählte, ihr Sohn wolle unbedingt einmal seine Hündin decken lassen. Das sei gut für ihre Gesundheit, und außerdem handele es sich hier ja um die schönste und beste Hündin der Welt, deren absolut perfekte Erbanlagen unbedingt genutzt werden sollten. Und alle, wirklich alle, fragten nach einem Welpen von ihr, so viele könne er gar nicht produzieren.

Hündin mit Welpen in der Wurfkiste
Mutterglück in der Wurfkiste – dennoch ist Züchten nicht immer eine gute Idee. Foto: SofieLayla Thal, Pixabay

Ich kenne die Hündin. Sie ist reinrassig ohne Papiere. Sie hat verschiedene rassetypische und –untypische Gesundheitsprobleme, die sich möglicherweise vererben. Eine Allergie plagt sie und die angeborene Hüftdysplasie wird ihr später dauerhaft Schmerzen bereiten. Sie gehört zu einer dieser Moderassen, bei denen aufgrund der starken Nachfrage viel zu viele ungesunde Hunde für die Zucht, besser gesagt für die Vermehrung, verwendet werden.

Und selbst wenn die Hündin selbst perfekt wäre: Da sie kaum ohne „Partner“ trächtig werden kann, kommen 50 Prozent der Erbmaterialien von diesem. Und selbst wenn auch er den Eindruck eines fehlerfreien Vererbers machen würde – es können sich in der Nachzucht durchaus Eigenschaften von früheren Generationen durchsetzen. Man ist vor Überraschungen keinesfalls sicher – deswegen sollte man sicher sein, dass die Elterntiere wirklich gesund sind – und auch deren Eltern und Großeltern. Krank gezüchtete Rassehunde und –katzen gibt es schon viel zu viele. Dass Mischlinge per se gesünder sind, ist ein Ammenmärchen – auch sie sind das Resultat der Anlagen ihrer Vorfahren.

Von der Sache mit der Vererbung abgesehen stoßen auch die weiteren Argumente des jungen Hundehalters bei mir auf Widerspruch.

Dass jeder im Freundes- und Bekanntenkreis einen Welpen haben möchte, das kenne ich sehr gut. Vor etlichen Jahren zum Beispiel hatte ein Nachbar ein Pärchen Irischer Wolfshunde. Riesenviecher mit wunderbarem Charakter. Auch er war zu hundert Prozent sicher, dass die Welpen weggehen würden, wie warme Semmel. Als dann aber die neun (!) Babys alt genug für die Abgabe waren, äußerten die Interessenten sehr kreative Gründe, warum sie gerade jetzt doch keinen Hund nehmen konnten. Es dauerte etliche Monate, bis mein Nachbar alle Welpen gut untergebracht hatte. Die Futter- und Tierarztkosten bis zur Abgabe vernichteten beinahe seine Existenz. So ein Wolfshund im Wachstum haut ganz schön was weg!

Die Erfahrung der plötzlichen Rückzieher machen auch viele Katzenbesitzer, die dem alten Ammenmärchen aufgesessen sind, dass eine Samtpfote vor der Kastration einmal gejungt haben sollte. Tiermedizinisch gesehen völliger Unfug, aber für viele Leute hat eine überlieferte Bauernregel mehr Gehalt als jede sachliche Information durch jemanden, der sich damit auskennt, einem Tiermediziner zum Beispiel. Jetzt im Frühjahr bereiten sich die Tierheime wieder auf Kitten en mas vor, auf vierbeinige Restposten.

Zwei Berner Sennenwelpen im Gras
Platz im Garten ist für die Heranwachsenden eine gute Idee. Foto: Mike Wornath, pixelio.de

Kommen wir zurück zu der romantischen Vorstellung der glücklichen Hundemama inmitten ihrer süßen Welpen. Die Realität ist viel komplexer. Eine Hündin mit Nachwuchs braucht Aufmerksamkeit, teilweise Tag und Nacht, und viel Platz. Bei der Geburt kann es ebenso zu Komplikationen kommen wie in den ersten Lebenstagen. Je älter die Jungen werden, desto mehr Raum brauchen sie – ein eigenes Zimmer, ein eingezäunter Garten sind da kein Luxus. Die Kosten sind auch nicht ohne – die Tiere müssen schon bald mit hochwertigem Futter versorgt werden, sie brauchen Wurmkuren und ihre ersten Impfungen, bevor sie das Haus verlassen. Und da junge Hunde nicht stubenrein auf die Welt kommen, darf Mensch mindestens stündlich den Wischmop bedienen, sobald sie ihre ersten Krabbelrunden drehen, während sich in der Waschmaschine alles um die Hundedecken dreht.

Einen Wurf Welpen aufwachsen zu sehen, kann sehr schön sein, birgt aber viele Fallen. Und nein, eine Hündin oder Katze will nicht unbedingt Mutter werden. Natürlich hat sie einen Fortpflanzungsinstinkt. Aber das bewusste Herbeisehnen von Nachwuchs – das findet nur beim Halter statt, beim Menschen. Der wiederum sollte vernünftig genug sein, die Entscheidung frei von Romantik zu treffen.

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S wie Seniorcheck

„Der ist in letzter Zeit ganz schön alt geworden“, höre ich gelegentlich aus des Hundehalters Mund. Damit wird erklärt, dass der Vierbeiner kaum noch laufen will, wenig Anteil an der Umgebung nimmt, insgesamt unmotiviert scheint.

Dackelmix Naddel an der Nordsee
Rentnerspaziergang an der Nordsee. Auch Naddels Niereninsuffizienz wurde erst durch eine vorsorgliche Senioren-Untersuchung gefunden und kann jetzt behandelt werden, bevor es ihr schlecht geht

Nun ist es ganz natürlich, dass Temperament und Lebensfreude bei einem jungen Tier deutlich ausgeprägter sind, als beim Senior. Bei vielen Grauschnauzen ergibt aber genaueres Hinsehen, dass sie Beschwerden haben. Sie quält also nicht das Alter an sich, sondern Krankheitssymptome. Ob das Schmerzen im Bewegungsapparat sind, Stoffwechselprobleme oder nachlassende Sinne, muss man natürlich feststellen. Die meisten Erkrankungen – und zwar auch die altersbedingten! – lassen sich therapieren. Nicht in jedem Fall erreicht man eine Heilung, aber eine sinnvolle Therapie führt in der Regel zu deutlichen Verbesserungen.

Vor der Therapie aber steht die Diagnose. Und die gibt es durch eine Untersuchung. Die meisten Tierbesitzer gehen zum Tierarzt, wenn ihr Liebling Probleme hat. Früher oder später… Manche aber übersehen die Zeichen sehr lange. Gerade altersbedingte Erkrankungen treten häufig schleichend auf. Beispiel: Die Trinkmenge des Hundes vergrößert sich nach und nach. Gelegentlich ist ihm übel. Aber nicht oft… Dann kann es ja nicht ernst sein? Das weiß man erst, wenn der Hund untersucht wurde. Möglicherweise arbeiten seine Nieren nicht mehr zufriedenstellend, was durchaus ein ernster Befund ist, auf den man mit Ernährungsanpassung und Therapie reagieren muss. Anderes Beispiel: Der Hund springt nur noch zögernd ins Auto. Sicherlich fährt er noch genauso gerne mit, wie früher – aber schmerzt beim Springen vielleicht sein Rücken?

Gerade weil man im täglichen Zusammensein kleine Veränderungen übersieht, rate ich dringend zum jährlichen Seniorcheck. Spätestens mit dem anzunehmenden Beginn des letzten Lebensdrittels sollte der Hund regelmäßig untersucht werden. Der Therapeut macht eine Anamnese, schaut sich das Tier in der Bewegung an, tastet es ab, überprüft die Vitalfunktionen und lässt Blut und Urin im Labor untersuchen. Bei Auffälligkeiten kann frühzeitig mit der Behandlung begonnen werden, was häufig das Fortschreiten einer Krankheit verhindert.

Ausführliche Informationen zu alterstypischen Erkrankungen bei Hunden und dem jährlichen Seniorcheck enthält mein Buch „Tierisch Grau – So bleibt der Seniorhund gesund“

S wie Sucht

„Du hast doch ein Suchtproblem“, warf ich Bodo oft vor, als ich noch Bälle für ihn warf. Was ich damals scherzhaft meinte, hat aber tatsächlich Hand und Fuß. Bei einem Balljunkie wie Bodo (alias Ballermann) finden sich ähnliche hormonelle Ausnahmezustände wie bei einem Menschen, der süchtig ist nach Alkohol oder Spielen, Drogen oder Smartphone. Darüber berichtet die Zeitschrift Hundewelt in ihrer aktuellen Ausgabe (in der auch meine erste Folge der Serie „Naddel wird alt“ erschienen ist, aber das ist eine andere Geschichte).

Terrier Bodo mit Igelball
Bei diesem Faszienroller, so Bodo, kann es sich nur um einen Ball handeln. Um SEINEN Ball.

Man weiß heute also, dass manche Hunde eine niedrige Reizschwelle haben, „so dass beim Jagen lawinenartig Dopamine und Endorphine ausgeschüttet werden. Die Grenze vom harmlosen Spiel zur Sucht kann hier unbemerkt überschritten werden“ heißt es in der Hundewelt. Und dass die Suchtgefahr durch regelmäßiges Training erhöht wird. Und dann wird sogar vor einer Art Beschaffungskriminalität gewarnt, bei der der Vierbeiner „aggressiv das Werfen … einfordert“. Oha. Das kommt mir arg bekannt vor.

Gut also, dass ich vor langer Zeit instinktiv die richtige Maßnahme ergriffen habe, indem ich Bälle für tabu erklärte. Ich gebe zu, der wahre Grund war, dass mein krimineller Terrier mir ständig seine Lieblingsobjekte auf den Schoß legte, wo sie ihre Spuren aus einer ziemlich ekligen Mischung aus Hundespucke und Gartenerde hinterließen. Der zweite Auslöser für das Ballverbot war die Angst um Ayla. Unsere große Deutsch Langhaar-Hündin liebt es, Spielzeuge zu zerkauen, und sie wäre nicht die erste gewesen, bei der in einer Notoperation ein am Darmverschluss schuldiges Reststück entfernt würde.

Also gab es keine Bälle mehr. Es sei denn, Bodo fand einen in Nachbars Garten – definitiv ein weiterer Fall von Beschaffungskriminalität. Inzwischen weiß ich, auf welchen Höfen er fündig werden könnte, was zu erweitertem Leinenzwang führte.

Soweit hatte ich alles unter Kontrolle. Bis ich einen Faszienroller geschenkt bekam. Dummerweise einen kugelrunden. Als ich ihn zum ersten Mal ausprobierte, bekam Bodo sofort große Augen. Dieses grüne Schmuckstück, so seine Überzeugung, kann auf keinen Fall für einen gesundheitsfördernden Einsatz bei Menschen gedacht sein. Es handelt sich hier definitiv um einen Ball. Und zwar um Bodos Ball.

Seitdem bin ich meinen Faszienroller los und Bodo ist glücklich. Gefahr für Ayla besteht nicht. Der Igelball zeigt sich selbst bei langandauerndem Kauangriff unkaputtbar.

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G wie Glück

Hunde machen glücklich. Das ist nicht nur meine Ansicht als bekennender Hundefan, sondern schlichte, pure Biochemie. Denn beim Streicheln von Haustieren wird unser Körper von Endorphinen durchflutet, körpereigenen Morphinen, die zu den sogenannten Glückshormonen zählen. Und der Kontakt mit den Tieren hat noch weitere Vorteile: Streß wird reduziert, der Blutdruck sinkt, und das Immunsystem gewinnt Kraft.

Nicht nur an sommerlichen Herbsttagen ist ein Ausflug mit Hunden eine Wohltat für Körper und Seele

Letzteres hat natürlich auch damit zu tun, dass Hundehalter sich bewegen. Fahren – nein, gehen Sie mal in diesen grauen Wintertagen offenen Auges durch die Gegend. Wen treffen Sie bei Wind und Wetter? Uns Leute mit Hund. Ein-, zwei-, dreimal täglich drehen wir unsere Runde. Dick vor der Kälte geschützt, in wasserabweisender Kleidung, betanken wir unsere Lungen mit Sauerstoff und schmieren die Gelenke. Ich weiß: Das Bedauern meiner Nicht-Hunde-Mitmenschen steigt mit der Niederschlagsmenge. Aber wissen Sie was? Egal, wie sehr man sich beim Blick aus dem Fenster vor dem Gedanken graut, dort hinaus zu müssen – wenn man unterwegs ist, die Gewalten der Natur spürt (damit meine ich den Dauersturm hier in Nordfriesland) und die Begeisterung des Hundes beobachtet, in diesen Momenten dürfte jede Endorphinmessung positiv ausfallen. Und Mitleid ist schon deswegen fehl am Platz, weil jede Hunderunde meine Gesundheit stärkt. Und weil ich nicht alleine unterwegs bin.

Hunde machen glücklich. Schon ihre überschwängliche Freude, mich zu sehen, nachdem ich fünf Minuten aus dem Haus war, öffnet mein Herz. Und wenn sie tiefenentspannt auf der Couch liegen, ihre Füße im Schlaf zucken und sie ganz leise verträumte Jagdrufe ausstoßen, dann komme auch ich runter, dann ist Hypertonie nur eine wissenschaftliche Bezeichnung für Bluthochdruck und nichts, was mich je betreffen könnte.

Hunde machen glücklich. Meine Hunde müssen nichts tun, damit es mir gut geht. Sie müssen einfach nur sein.

Hunde machen glücklich. Natürlich sollte das Glück beiderseits sein. Der Hund muss zum Leben passen. Wer sich ein Tier anschafft, obwohl er eigentlich keine Zeit oder kein Geld dafür hat, der wird sogar sein alltägliches Stresspotential erhöhen. Deswegen (und aus anderen Gründen) ist es eine schlechte Idee, ein Tier zu schenken. Für einen vierbeinigen oder gefiederten Mitbewohner muss man sich selbst und bewusst entscheiden, unter Abwägung aller Argumente dafür und dagegen. Nur bei einem hundertprozentigen Ja kann das Haustier eine Bereicherung fürs Leben sein und glücklich machen.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Vierbeinern ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr!

 

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Q wie Qualzucht

„Einmal Mops – immer Mops“. Diesen Spruch höre und lese ich immer wieder, wobei die Rasse austauschbar ist. Wir Menschen sind nun einmal leicht prägbar. Ich nehme mich davon nicht aus, bin ich doch mit einem Dackel aufgewachsen und fühle Herzklopfen bei jedem tiefergelegten Hund mit Schlappohren und langem Rücken. Was daraus folgt, ist leider eine Unvernunft, mit der wir viel Schaden anrichten und viel Leid verursachen. Qualzucht ist das Ergebnis einer erhöhten Nachfrage nach Tieren einer Rasse, für die es zu verschrobene Schönheitsideale und zu wenig gesunde Zuchttiere gibt, gekoppelt mit der Sucht nach Statussymbolen.

So sieht häufig die „liebevolle Aufzucht“ von massenweise produzierten Welpen aus

Inzucht, das lernen wir schon früh im Biologieunterricht, kann ziemlich negative Auswirkungen zeigen. Das zeigte sich in früheren Jahrhunderten immer wieder durch Erbkrankheiten in adligen Familien, beispielsweise mit der Bluterkrankheit. Kommt eine Haustierrasse in Mode, erwächst daraus vor allem ein lukratives Geschäft für Vermehrer. Diese besorgen sich wenige Tiere der Rasse und produzieren damit Nachwuchs en más, Quantität vor Qualität. Ob die Elterntiere gesund sind und von der Genetik zueinander passen – egal. Der Profit ist wichtig.

Auf der anderen Seite wartet der Käufer auf Ware, und zwar für möglichst wenig Geld. Selbst wenn verantwortungsvolle Züchter ihre Welpen mit geprüften Papieren anbieten, vielen Kunden ist der Preis das stärkere Argument. So kommt es zu den entsetzlichen „Welpenfabriken“, aus denen dann zu junge, kranke Tiere illegal durch halb Europa transportiert und schließlich den neuen Besitzern übergeben werden. Letztere wollen jedes Märchen über die liebevolle Aufzucht des Hundebabys glauben und werden nicht einmal bei Impfpässen aus polnischer Herkunft stutzig. Sie wachen frühestens auf, wenn das arme Tier in den ersten Wochen schon mehrere hundert Euro für Arzt und Medikamente gekostet hat. Später stellen die fürsorglichen Hundehalter fest, dass auch die vererbten Schäden an Atemwegen, Bewegungsapparat oder Immunsystem verdammt teuer werden. Und damit ist nur die finanzielle Seite der Misere beschrieben. Das (lebenslange) Leid der armen Kreatur lässt sich kaum in Worte fassen.

French Bulldog
Was ist niedlich an Atemnot, entzündeten Hautfalten, deformierten Wirbelsäulen und Gelenken? (Bild: Elioenai Martin, Pixabay)

Der enge Genpool und die absurden Schönheitsideale fordern auch in „seriösen Zuchten“ ihren Tribut. Dabei fällt immer wieder die konsequente Ignoranz vieler Vermehrer und selbst ihrer Verbände auf. Obwohl das Thema alles andere als neu ist, findet man bis heute kaum ein Gegensteuern. Im Gegenteil, manche als Rassemerkmale verharmloste Perversionen werden heute sogar noch stärker hevorgestellt, als noch vor einigen Jahren. So gestalten sich Zuchtausstellungen zu Absurditätenkabinetten, und es ist eine Ausnahme, dass bei solchen Gelegenheiten Amtstierärzte ihre Pflicht ausüben und Tiere ausschließen. So geschehen in diesem Jahr auf der Internationalen Hundeausstellung in Graz (darüber berichtete z.b. YourDog umfangreich). Leider ein sehr seltenes Vorkommnis. Dabei hätte jeder Kontrolleur das Gesetz hinter sich, wenn er die öffentliche Zurschaustellung eines Tieres untersagt, bei dem laut § 11 Tierschutzgesetz „…erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten“ oder „…die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt“.

Flyer gegen Qualzucht von der Bundestierärztekammer
Aufklärung tut not. Die Bundetierärztekammer bringt dazu Flyer mit Informationen zum brachycephalen Syndrom (für Download klick aufs Bild)

Das Thema Qualzucht ist nicht neu, und das Problem bleibt selbsterhaltend, solange Menschen das Leiden der Lebewesen ausblenden, weil sie unbedingt ein Tier aus dieser einen Rasse haben müssen. Weil eine Hotelerbin als Trendsetter so einen Miniatur-Chihuahua durch die Gegend schleppt. Weil der Frenchie mit den großen runden Augen und der kleinen Nase so süß ist. Weil der Shar Pei mit seinen überdimensionierten Falten so lustig aussieht, oder weil der Basset so einen tollen Charakter hat… Es gibt immer einen Grund, am Modetrend teilzunehmen. Leider nicht im Sinne der Kreatur.

Um nicht noch mehr unbeabsichtigte Werbung für die betroffenen Rassen zu machen, hat die deutsche Tierärzteschaft schon Ende 2016 mit einem offenen Brief an Unternehmen appelliert, keine Hunde und Katzen mit Qualzuchtmerkmalen als Werbeträger zu benutzen. Erstaunlich viele Firmen haben das zugesagt, teilweise mit dem Geständnis, man habe über den Zusammenhang von hoher medialer Präsenz und den tierquälerischen Folgen der daraus mit-verschuldeten Nachfrage bisher nie nachgedacht. Die Arbeitsgruppe Qualzuchten, die sich aus Vertretern der großen deutschen Veterinärverbände zusammensetzt, engagiert sich jetzt für ein gesetzlich verankertes Ausstellungs- und Prämierungsverbot von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen.

Immer wieder fordern einzelne Tierärzte komplette Zuchtverbote. Wenn man sich bewusst macht, dass in manchen Rassen bis zu 85 % der Tiere angeborene Wirbelsäulendeformierungen oder verkrüppelte Atemwege aufweisen, möchte man dem zustimmen. Solange aber die Gier nach den niedlichen kleinen Knautschgesichtern weiterhin die Produktion von „Wühltischwelpen“ anfeuert, sind derartige Ansinnen Schaumschlägerei. Es muss weiter auf Aufklärung und die Einsicht der Hundekäufer gesetzt werden. Und wer trotz aller Argumente unbedingt ein vierbeiniges Prestigeobjekt haben muss, der muss eben finanziell bluten, durch hohe Tierarztkosten.

Über Qualzucht spricht man bei Hunden diverser Rassen, aber auch bei Katzen, Kaninchen und weiteren Tieren. Peta hat eine Liste zusammengestellt mit Erläuterungen, warum die an- und überzüchteten Merkmale das Tier ein Leben lang behindern (hier klicken). Eine weitere umfangreiche Liste der betroffenen Hunderassen findet sich hier.

 

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