Alles hat zwei Seiten

Unsere Naddel wurde vor nunmehr fünfeinhalb Jahren mit zwei Welpen in einem Pappkarton neben einer Mülltonne im Norden Mallorcas gefunden (wir haben sie dann im Tierheim Pollenca adoptiert). Ich nehme an, die Menschen, die diese drei Hunde auf diese Art entsorgt haben, sind bis heute davon überzeugt, es richtig gemacht, ja, sogar human gehandelt zu haben. Sie hätten den Karton ja auch IN den Müllcontainer werfen können, und vermutlich wäre er dann samt lebendem Inhalt im Lastwagen gelandet und schließlich in der Müllverbrennung.

Hundewelpen neben der Mülltonne gefunden
Zehn Hundewelpen wurden neben einer Mülltonne gefunden

Ob die Menschen, die vor einigen Tagen in Bahia Grande eine Kiste mit zehn Welpen neben der Mülltonne platzierten, auch meinen, dass dieses Vorgehen richtig ist? Die Welpen waren cirka 3 Tage alt. Glück für sie, dass eine verantwortungsvolle, menschliche Person sie umgehend zum Tierheim Llucmajor brachte, wo ehrenamtliche Helferinnen sich der Kleinen annahmen, bevor sie halb verhungert und erfroren waren. Über Facebook meldeten sich sofort Freiwillige, um bei der Aufzucht der Kleinen zu helfen (ich auch). Derzeit sind die Welpen – noch mehr Glück – bei einer Amme, einer Hündin, die gerade Nachwuchs aufgezogen und somit noch Milch vorrätig hat und alle zehn angenommen hat.

Eine von vielen Geschichten aus dem Tierschutz, bei denen Facebook eine wichtige Rolle spielt. Es war noch nie so einfach, Hilferufe und Informationen so breit zu streuen. Ich bekomme täglich Aufrufe von verschiedenen Tierheimen und Tierschutzorganisationen und teile sie auch weiter. Mit Sicherheit ist die Adoptionsquote in den Heimen, die den Facebook-Kanal nutzen, gestiegen.

Manchmal aber kann ich es nicht mehr aushalten. In den letzten Tagen empfing mich die Seite nicht nur mit der Neuigkeit über die zehn von der Mutter getrennten und dem Müll zugeordneten Welpen, sondern mit etlichen weiteren Fotos und Beschreibungen grausamster Tierquälerei. Klar, ich habe selbst die Quellen – Freunde und Fanseiten – ausgesucht, die mich jetzt mit den News versorgen. Ich werde auch weiterhin tapfer auf meine Startseite gehen und runter scrollen und schauen, was es Neues gibt. Aber– manche Bilder trage ich im Inneren wochenlang mit mir herum, sie tun mir weh. Und ich verteile sie im Social Network nicht weiter, weil ich nicht daran schuld sein will, dass es anderen wie mir geht.

Braucht es brutale Bilder, um Humanität zu wecken? Greifen wir eher zum Geldbeutel zwecks Spenden, wenn wir entsetzliche Fotos sehen? Oder vergiften uns – also die Gesellschaft – diese Bilder nach und nach,  je häufiger und konzentrierter wir damit konfrontiert werden?