Fundsache auf 4 Pfoten

Seit Tagen beobachtete Frau K. den kleinen Mischling, der sich in ihrem Dorf aufhielt. Er wirkte scheu und verstört und bewegte sich kaum von der abgelegenen Kreuzung weg. Frau K. war sich sicher, dass der Hund nicht in der Nähe wohnte. War er entlaufen, oder gar ausgesetzt? Schließlich lockte sie ihn mit Futter an…

So oder ähnlich kommen jährlich hunderte von Menschen „auf den Hund“. Doch was tun, wenn man plötzlich einen Vierbeiner im Haus hat, aber den dazu gehörenden Besitzer nicht kennt? Schließlich ist nicht jedes Tier einfach ausgesetzt. Deswegen sind zunächst alle Anstrengungen wichtig, den Eigentümer ausfindig zu machen.

Doch – halt – kümmern wir uns doch erstmal um das Tier selbst. Ist es verletzt? Humpelt es vielleicht oder hat sichtbare Verletzungen? Wirkt es geschwächt, unterernährt, ausgetrocknet? Nimmt der Findling Futter und – noch wichtiger – Wasser zu sich, ist das zunächst ein gutes Zeichen. Wer einen verunfallten Hund findet, der sich nicht bewegen kann, sollte das aber gar nicht erst versuchen, sondern ihn sofort zu einem Tierarzt bringen. Der wird feststellen, wie schwer die Verletzungen sind und die medizinische Behandlung leisten.

Ist der Vierbeiner aber augenscheinlich gut drauf, sollte man ihn ruhig zunächst mit Wasser und Futter versorgen. Um festzustellen, ob er entlaufen ist, kann man bei allen Tierärzten, aber auch beim Ayuntamiento und bei Polizeidienststellen den Chip lesen lassen. Dieser kleine Datenträger sitzt üblicherweise unter der Haut der linken Halsseite. Mit einem speziellen Lesegerät erfährt man die Code-Nummer, unter der bei der zentralen Erfassungsstelle die Besitzerdaten zu ermitteln sind. Ist kein Chip vorhanden, sollte man bei der Behörde und/oder beim Tierarzt die Meldung hinterlassen, dass das Tier aufgegriffen wurde. Viele Halter klappern bei Verlust Ihres Tieres zunächst die umliegenden Behörden und Tierarztpraxen ab. Auch Aushänge in der Umgebung können helfen, damit der Besitzer sein Tier wieder findet.

Doch was macht man mit dem Tier selbst? Hier auf Mallorca haben nur wenige Gemeinden eigene Tierheime. Die meisten Bezirke lassen aufgefundene Tiere direkt zum Tierheim Son Reus in Palma bringen. Hier wird das Tier mindestens 3 Wochen gehalten, damit ein Besitzer es zurückholen kann, oder ein neuer Interessent es adoptieren kann. Nach Ablauf dieser 3 Wochen kann das Tier getötet werden.

Neben den öffentlichen Tierheimen gibt es von diversen privaten Tierschutzvereinen Pflegestellen und kleine Heime. Adressen finden Sie hier in der MZ. Diese Vereine lassen grundsätzlich keine Tiere einschläfern, sondern vermitteln sie oder – wenn sich keine neuen Besitzer finden – behalten sie.

Zum Glück erlebe ich in der täglichen Praxis sehr häufig, dass tierliebe Menschen die von ihnen aufgefundenen Hunde oder Katzen behalten. Von meinen beiden Hunden ist ebenfalls einer (Murphy) mir zu- bzw. nachgelaufen, hat also mich ausgewählt bzw. adoptiert. Zu dem Zeitpunkt war bei uns gar kein Zweithund geplant, aber was sollten wir machen? Diesen Hund wollte keiner zurück. Und die beiden Pfiffikusse spielten gleich so fröhlich miteinander… Heute ist unser Alltag ohne diese haarige Fundsache undenkbar. Und niemand kann sich ein dankbareres und lebenslustigeres Tier vorstellen.

Natürlich kann nicht jeder ein aufgefundenes Tier auf Dauer behalten. Wenn aber die Möglichkeit besteht, es zumindest für einige Tage oder Wochen zu beherbergen: Die Chancen, auf eigene Faust – per Zeitungsannoncen, Internet und Mund-zu-Mund-Propaganda – neue „Eltern“ zu finden, sind gar nicht so schlecht. Und wenn man weiß, dass das Fundstück ein gutes Zuhause bekommt, fällt die Trennung nicht sooo schwer. Und man hat ein gutes Werk getan, vielleicht sogar ein Hunde- oder Katzenleben gerettet.