Der Weg nach Battambang

Nachtrag zu Phnom Penh: Ich hatte vergessen, unser Mittagessen zu erwähnen. Romdeng heißt das Restaurant, in dem ehemalige Straßenkinder im Gastgewerbe ausgebildet werden. Ein tolles Projekt und eine hervorragende Küche (Creative Cambodian Cuisine), absolut zu empfehlen.

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Typische ländliche Pfahlbauten auf dem Weg nach Battambang
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Invasion der Langnasen

Natürlich war ein Tag für die Hauptstadt viel zu wenig, aber da meine Familie der Schulferien wegen zeitlich etwas eingeschränkt ist, mussten wir einige Kompromisse eingehen. Und so verbrachten wir den heutigen Tag quasi auf der Straße, im Bus nach Battambang. Der Weg ist das Ziel.

Je weiter wir uns vom Verkehrschaos in Phnom Penh entfernen, desto bäuerlicher wird die Gegend. Bestimmen zunächst noch die typischen Verkaufsstände, Garküchen und Werkstätten das Bild seitlich der Straße, lockert sich die Bebauung nach und nach auf und wird von dörflichen Pfahlbauten bestimmt. Sie schützen die Bewohner vor Überschwemmungen, aber laut unserem jungen und sehr offenen Reiseleiter Wan Wan ist das nicht der einzige Grund: „Wir Khmer wohnen gerne hoch. Im Gegensatz zu den Vietnamesen, die gerne zu ebener Erde wohnen.“

An einem kleinen Dorf halten wir an. Hier leben und arbeiten Silberschmiede. Wir spazieren über die Wege – Staubpisten, die in der Regenzeit sicherlich zu tiefen Matschlöchern mutieren. Unter den Häusern, also zwischen den Pfählen, wird gearbeitet und der Tag verbracht, im Haus oben schläft die Familie. Ich fühle mich ein wenig aufdringlich, wie wir so neugierig von Haus zu Haus schlendern. Doch vielleicht ist es eine Frage der Sicht: Von überall rufen uns Kinder lachend ein „Hellooooo“ zu. Wir, die Gruppe Europäer, scheinen eine Attraktion zu sein. Offenbar kommen hier nicht so viele Touristen entlang. Wer besichtigt hier eigentlich wen?

In einem anderen Dorf sind es Töpfer, denen wir bei der Arbeit zuschauen dürfen. Viele Klein-Bauern erarbeiten sich mit der Herstellung von Gebrauchskeramik, also Schüsseln, Kochtöpfen und Feuerschalen, ein Zweiteinkommen. Wieder werden wir mehr als freundlich empfangen. Eine Frau schwärmt von unserem Aussehen (Wan Wan übersetzt vergnügt), von der Hautfarbe und den Gesichtszügen. Wir Weißen werden hier Langnasen genannt. Das ist aber überhaupt nicht abwertend gemeint, erklärt Wan Wan. Uns fällt ein, dass von den vielen Werbetafeln in Phnom Penh auffallend hellhäutige, fast europäisch anmutende Models ihre Versprechen an die Konsumenten richten. DAS ist das Schönheitsideal hier, und wer es sich leisten kann, fliegt nach Bangkok zur plastischen Chirurgie, um wenigstens die Nase angleichen zu lassen.

Bevor wir weiterfahren, kaufen wir noch für wenige Riel (kambodschanische Währung) ein Kilo einheimischer Bananen beim örtlichen Händler. Sie sind nur knappe 15 Zentimeter lang, aber süß und aromatisch.

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Auch viele Steinbildhauer arbeiten entlang der Straße ud bieten ihre Arbeiten an – für Touristen wie für Pagoden

Schier endlos zieht sich die Fernstraße, an Fabriken, Ziegeleien, Bauernhäusern, Lotusfeldern und kleinen Händlern vorbei, immer geradeaus. Je weiter wir nach Norden kommen, desto grüner wird die Landschaft. Waren bisher nur verbrannte Reisfelder zu sehen, die erst nach Ende der Trockenzeit gegen Mai wieder bestellt werden, tauchen jetzt satt grüne Felder auf. Hier ist viel mehr Wasser zu sehen, hier können die Bauern mit Glück zwei Ernten jährlich einfahren. Die Kühe und Wasserbüffel, die auf beiden Seiten der Straße grasen, werden bald wieder zur Arbeit angespannt werden. An vielen Feldern stehen weiße sackähnliche Gebilde. Das sind Grillenfallen; die Insekten sind beliebte Snacks in Kambodscha.

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Kunstschmiedinnen bei einer Auftragsarbeit. Auch kleine Figuren und Silberschmuck kann man direkt von ihnen kaufen, kein Zwischenhändler schmälert ihren Verdienst durch Provision

Überhaupt, sagt Wan Wan, essen Khmer eigentlich alles. Ja, wir können die Realität nicht leugnen. Zwar bin ich überrascht, wie viele Hunde hier völlig entspannt mit den Menschen zusammenleben. Selten ist zu erkennen, ob das Tier gewollt war, oder ob es sich einfach zur Familie gesellt hat, auf Dauer oder nur auf Zeit. Manche dieser Hunde werden sicher geliebt, manche einfach geduldet, und manche gegessen.

Auch zwei Pagoden besichtigen wir – es wäre auch ein Wunder, wenn nicht. Wie in Europa in jedem Dorf mindestens eine Kirche zu finden ist, ist hier der nächste buddhistischen Tempel nie weit entfernt. Die meisten dieser Gebäude sind noch nicht sehr alt. Denn auch Religion war dem Regime unter Pol Pot in den 70ern verpönt, weswegen Hunderte von buddhistischen Klöstern, christlichen Kirchen und Moscheen zerstört wurden.

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