Prüfungsangst

18.4.1999 – 18.4.2024: Auf den Tag genau 25 Jahre ist es heute her, dass ich meine Prüfung zur Tierheilpraktikerin für Kleintiere und Pferde bestanden habe. Und icherinnere mich noch so genau, wie aufregend es war!

Morgens um 9 Uhr antreten zur Schriftlichen. Auf Kommando dürfen wir die Fragebögen umdrehen. Ich lese die erste Frage. Mir wird heiß, meine Stirn kribbelt, ich fühle meinen Blutdruck steigen. Verflixt – von diesem Thema habe ich noch nie etwas gehört! Zweite Frage – ebenso! Meine Hände sind schweißnass. Ich bin hier falsch, das hier ist nicht meine Prüfung!

Ich atme tief durch und befehle mir selbst: Ruhig bleiben. Lies die Fragen auf der nächsten Seite, eine nach der anderen, bis dir etwas bekannt vorkommt.

Hängt in meiner Praxis: Mein Diplom von 1999

Es klappt. Ab Frage Drei hake ich ein Thema nach dem anderen ab, stoisch und gelassen, immerhin habe ich mich monatelang sorgfältig vorbereitet und überhaupt – ich liebe die Tiermedizin, mich fesselt jede Information. Zum Schluß blättere ich wieder auf Seite 1. Und jetzt weiß ich auch hier die richtige Antwort. Ich war anfangs nur total blockert durch die Aufregung!

Der restliche Tag mit der praktischen Prüfung an Hund und Pferd verläuft gut. Am späten Nachmittag nehme ich mein Diplom in Empfang. Irgendjemand raunt mir zu, dass ich den besten Abschluss von allen gemacht habe. Bin mega stolz und sehr glücklich und freue mich darauf, endlich den Beruf ausüben zu dürfen.

Was ich seit 25 Jahren mache. Mit dem Lernen habe ich nie aufgehört. Immer noch besuche ich Fortbildungen, lese Fachliteratur und nehme an Online-Kursen teil. Manche Themen wiederhole ich. Man wird nicht dümmer, es gibt  neue Erkenntnisse, und außerdem: Wir Mädels über 30 vergessen auch mal was.

Aber ich stehe heute auch auf der anderen Seite, vermittele Wissen, gebe meine Erfahrungen an junge Kolleginnen weiter und über meine Bücher an Tierhalter. Auch das macht Riesenspaß. Wie auch die Arbeit mit den Patienten vor Ort oder irgendwo in Europa, denen ich mit einer Therapiebegleitung helfen kann. Und täglich danke ich dafür, dass ich derart meine Leidenschaften leben kann und darf.

Still ruht der Blog

Oha. Es ist ganz schön ruhig geworden hier. Ich habe einfach zu viele berufliche Projekte laufen, so dass das Privatvergnügen Pfotenpower auf der Strecke bleibt. Trotzdem bleibt der Blog online, immerhin gibt es ihn seit 15 Jahren und irgendwann… ja, irgendwann… Wichtig: Es gibt mich noch.

Meinen Blog mit tiermedizinischen Themen findest du hier, und auch wer weiter entfernt wohnt, mich aber als Tierheilpraktikerin braucht, darf sich gerne hier informieren:

https://online-tierheilpraktiker.de/blog/

Meine lokale Tierheilpraktiker-Webseite ist diese:

https://www.tierheilpraxis-nordfriesland.de/

Lust auf Brain Food? Hier ist der Überblick über Kurse und Fortbildungen von mir für Hunde und Katzenhalter:

https://www.tierheilpraxis-nordfriesland.de/wissen

Und auch diese beiden Lieblinge gibt es noch:

Bodo und Ayla im Februar 2024 – mit 12 Jahren beide noch rundum fit

 

 

 

Freitag der 13. – harter Tag für Ayla

Hund mit Body
Ayla im Body – Schutz vor dem Belecken der OP-Narbe

Nein, Ayla präsentiert nicht die neue Frühlingsmode. Der Body hat einen sehr ernsten Hintergrund: Am Freitag (ausgerechnet dem 13.!!!!) musste Ayla unters Messer. Pyometra!

Bei älteren, unkrastrierten Hündinnen kommt es nicht selten zu einer eitrigen Entzündung der Gebärmutter. Dabei gibt es zwei Formen: die offene Pyometra, bei der der entstehende Eiter nach außen abfließen kann, und die geschlossene, bei der also der Eiter in der Gebärmutter verbleibt. Während bei der offenen schon frühzeitig aufgrund des Ausflusses die Alarmglocken des Hundehalters klingeln, kann sich eine geschlossene Pyometra relativ lange fast unbemerkt entwickeln. Typische Symptome sind hier auffällig starker Durst, zunehmende Mattigkeit, Futterverweigerung oder Erbrechen, Bauchschmerz und irgendwann Fieber. Das kann also sehr unspezifisch aussehen, weswegen Hundehalter den Ernst der Lage manchmal sehr spät erkennen.

Hund unter Wolldecken
Am Abend nach der OP war Ayla kalt und wurde gut zugedeckt

Wichtig – bei Verdacht auf eine Gebärmutterentzündung darfst du nicht lange warten. Fahr gleich zum Tierarzt, lass abklären, lass behandeln. Eine Gebärmuttervereiterung ist ein medizinischer Notfall , weil er eine lebensgefährliche Sepsis auslösen kann.

Unsere Ayla hatte eine offene Pyometra. Am Donnerstag begann sie, sich auffällig oft zu putzen. Ich vermutete zunächst eine Vaginitis. In der folgenden Nacht aber intensivierte sie ihren Putzzwang, und jetzt fand ich auch einen grauroten, stinkenden Ausfluss. Grund genug, Freitag gleich morgens die Tierärztin anzurufen und „Verdacht auf Pyometra“ zu melden. Wir durften schon um 11 Uhr kommen.

Hund auf Couch in Rückenlage
Schon am nächsten Tag nahm Ayla ihre Lieblings-Entspannungshaltung ein. Alles richtig gemacht.

Auf den Versuch, den Zustand mit Antibiotika und Hormonen zu beheben, verzichtete ich. Erfahrungsgemäß kommen diese Probleme immer wieder. Aktuell ist Ayla mit knapp 11 Jahren pumperlgesund, so dass ich ihr eine Operation zutraute. Ob das nach wiederkehrenden Entzündungen mit 12 oder 13 Jahren noch so ist?

Ayla wurde zwei Stunden später von ihrer entzündeten Gebärmutter befreit und durfte abends wieder nach Hause. Da die Pyometra noch relativ frisch war, erholt sie sich super schnell. Das Futter schmeckt also wieder. Jetzt heißt es nur aufpassen, dass unsere Große sich nicht übernimmt, 10 Tage muss sie sich körperlich schonen. Solange trägt sie auch den Body, damit sie nicht an den Nähten knabbert.

Und danach müssen wir schauen, welche Futtermengen sie verträgt. Kastrierte Hündinnen haben einen geringeren Kalorien-Grundumsatz, müssen sparsamer ernährt werden. Ich schätze, das wird Ayla am meisten stören.

Erlösung

Innerhalb von 24 Stunden bei Facebook fast 200 Likes und 36 – ausschließlich positive Kommentare! Das hat mich fast umgehauen. Was ich in der Hundesenioren-Gruppe gepostet habe?

„Ich möchte allen, denen die finale Entscheidung bevorsteht, ein wenig Mut machen.

Vor 10 Tagen habe ich Charly über die Regenbogenbrücke geschickt. Er war 16 Jahre alt und wir waren schon im letzten Dezember kurz davor, ihn zu erlösen. Durch eine palliative Medikation gewannen wir noch einmal 10 Monate. Aber jetzt konnte er nicht mehr. Er fiel öfter hin und konnte nicht mehr aufstehen. Nachts wusste er nicht, wie er liegen sollte. Und das Hinlegen an sich dauerte manchmal qualvolle 10 bis 15 Minuten. Leider wirkten keine Schmerzmittel…

Das Schlimmste war der Anruf bei der Tierärztin, um DEN Termin zu machen. Und der Abschied tat weh.
Aber ich schwöre euch – Ich spürte und spüre so eine Erleichterung in mir. Für Charly. Der kachelt jetzt auf der anderen Seite durch die Gegend. Keine Schmerzen mehr. Keine Zäune (Zäune? Wer braucht Zäune? Charly war bis vor 3 Jahren ein großartiger Ausreißer!) Keine irdischen Fesseln. „Run free“ ergab noch nie soviel Sinn.
Und wisst ihr was? Auch unsere beiden verbliebenen Hunde zeigen sich erleichtert, wie befreit. Ayla und Bodo, beide 10, spielen wieder. An Charlys Abschiedstag, während ich das Grab aushob, begannen sie wieder miteinander zu toben, was sie seit etlichen Monaten nicht mehr gemacht hatten. Und seitdem spielen sie jeden Tag – und unser Blondino Charly feuert sie von Wolke 17 aus an.
Ich weiß, der Gedanke ans Loslassen ist qualvoll. Aber ist es nicht wunderbar, dass wir unsere alten Gefährten von ihren Schmerzen erlösen können? Mir gibt das Frieden.“

Abschied von Charly

Wir zünden eine Kerze an für unseren Blondino. Dreizehneinhalb Jahre hat Charly uns begleitet. Und wir ihn. Heute machten wir einen letzten Seniorenausflug über die Wiese, wo er Schafknödel naschen durfte. Und dann warteten seine alten Freunde auf ihn, auf der anderen Seite des Regenbogens, und zusammen geben sie wieder richtig Gas. Ohne Schmerzen, ohne Zäune. Was für ein schöner Gedanke.

Denn die schönsten Erinnerungen zeigen mir Charly, wie er rannte. Er spielte Fangen mit den vielen Pflegehunden, und er rannte voran, immer ums Haus rum. Schon auf Mallorca fand er jedes Loch im Zaun und rannte die Straßen entlang, scheinbar ohne Ziel, einfach nur schnell und weit. Häufig kam er mit einer Duftnote nach Hause, die er selbst für das Nonplusultra hielt, uns aber die Tränen in die Augen trieb. Nicht selten bewaffnete ich mich mit Gartenschlauch und Gummihandschuhen… er ertrug die Reinigung mit Fassung. Auch in seiner neuen Heimat, hier im Herrenkoog, war er anfangs immer wieder ungeplant unterwegs – dem Ruf der Biogasanlagen folgend. Als wir die Tür gesichert hatten, kletterte er über den Zaun. Als wir dort eine Strom-Litze installierten, buddelte er sich unten durch. Charlys Freiheitsdrang war phänomenal. Aber er kam immer nach wenigen Stunden zurück und freute sich unbändig, wenn er uns wiedersah.

Unzählig oft erhielt ich Anrufe oder Nachrichten von Charly-Sichtungen (manchmal hatte ich noch gar nicht bemerkt, dass er weg war). Früher, auf Mallorca, wurde er sogar gelegentlich von Freundinnen nach Hause gebracht. Wenn sie ihn zufällig irgendwo trafen. Er sprang aber nur ins Auto, wenn man ihn bei Namen nannte.

Aber auch Charly wurde ruhiger. Als im letzten Jahr Naddel starb, übernahm er quasi nahtlos die Seniorenposition. Nein, es ist nicht schön zu sehen, wie ein Hund seine Lebenskraft verliert. Gestern noch agil und fit, und scheinbar plötzlich kann er kaum noch hundert Meter laufen und quält sich beim Hinlegen. Wir haben darüber gewacht, wie lange sein Zustand für ihn noch zumutbar war. Aber wenn ein Hund nicht mehr alleine aufstehen kann, hat er dann noch Lebensqualität? Ist das noch sein Leben? Unser letzter Liebesdienst an Charly war, ihn von irdischen Fesseln und Schmerzen zu befreien. Run free, Chary.