Siem Reap Teil 2

Ein Tages-Ausflug ab Siem Reap führt uns in Richtung Nordosten, in den Nationalpark Phnom Kulen. Die Busfahrten nutzt Reiseleiter Sarath immer zu ausführlichen Erzählungen, was mir gut gefällt. Er erzählt sowohl aus der Geschichte, als auch aus dem heutigen Leben in Kambodscha.

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Wasserbüffel sieht man überall auf dem Land, für die Kleinbauern sind sie wertvolle Arbeitstiere

Eine Herde Wasserbüffel auf dem Acker bringt ihn auf das Thema Landwirtschaft (was nicht nur Bauer Dirk interessiert): 70 % der Bevölkerung lebt davon, ein Großteil der landwirtschaftlichen Fläche wird mit Reis bestellt. Insgesamt kann sich Kambodscha selbst ernähren. Die Wasserbüffel sind als Arbeitstiere für die Landwirte immer noch enorm wichtig und entsprechend wertvoll. Ein ausgewachsenes Tier (die Lebenserwartung liegt übrigens bei 80 Jahren) kostet 1500 bis 2000 US-Dollar – ein Vermögen für einen Khmer. Antje, selbst auf einem kleinen norddeutschen Bauernhof groß geworden, will wissen, ob die kambodschanischen Bauern ihren Wasserbüffeln auch Namen geben. Sarath entgegnet: „Sie heißen Krobey“. – „Alle?“ – „Ja, alle gleich“ – „Und was heißt Krobey?“ – Sarath lächelt: „Wasserbüffel“.

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Durch den Urwald des Nationalparks Phnom Kulen geht es hinauf zum 1000-Lingas-Fluss

Am Nationalpark angekommen, geht es zu Fuß weiter, eine gute halbe Stunde den Berg (= Phnom) Kulen hinauf. Hier kann man endlich mal ein wenig Urwald erahnen, von dem es leider nicht mehr viel gibt im Land (dazu komme ich noch später). Sehr alte und hohe Teak- und Mahagonibäume, dazwischen junges Grün, überall dicke, lange Lianen. Hier sollen noch seltene Vogel- und Reptilienarten leben, wie auch Leopardenkatzen, Halbaffen und Wildschweine. Man muss gut auf seine Schritte achten, denn neben Steinen bieten auch die Wurzeln der Pflanzen böse Stolperfallen. Dabei kann es einen natürlich erwischen wie Antje: Sie achtet so konzentriert auf den Weg, dass sie mit dem Kopf gegen einen schräg über den Trampelpfad gewachsenen Baumstamm knallt. Autsch – aber es ist nichts Schlimmes passiert.

Ein großer Stein bildet, auf einem anderen liegend, die Form eines Pilzes. Unzählige Zweige sind darunter aufgestellt. Laut Sarath sollen sie den „Pilzhut“ stützen – und natürlich darf man sich etwas wünschen, während man einen Zweig dazu stellt. Prima. Mache ich doch sofort. Wenn’s nicht hilft, schaden wird es auch nicht.

Oben auf dem Berg finden wir die zusammengefallene Brücke (Wer hat’s zerstört? Genau – die Roten Khmer) über den Kbal Spean, den Fluss der 1000 Lingas. Lingas sind eine Art Phallussymbole, die im Hinduismus für die schöpferische Kraft Shivas stehen. Der Fluss führt zur Zeit kaum Wasser, so dass wir in Ruhe die ins steinerne Flussbett gehauenen Figuren und Reliefs aus dem 11. bis 13. Jahrhundert bewundern können. Mangels Wasser ist leider der sonst sicher sehr beeindruckende Wasserfall etwas weiter unten nur ein mickriges Rinnsal. Trotzdem kommt uns der Ort sehr spirituell vor.

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Man nehme: Wer hätte gedacht, dass Reisschnaps so interessante Inhaltsstoffe hat

Das Mittagessen nehmen wir in einer abseits gelegenen Bar ein. Die Betreiber stellen uns einen großen Tisch zur Verfügung, wo wir die Lunchpakete verzehren können. Hinterher laden sie uns ein, den selbst gebrannten Reisschnaps zu verkosten. Nachdem jeder ein Schlückchen probiert hat, zeigen sie die übrigen Zutaten: Skorpione, Schlangen und Riesenspinnen werden dem Schnaps hinzugegeben – ob das den Geschmack beeinflusst oder für gute Geister sorgt, ist mir nicht klar. Hätte es eine aber Kaufabsicht unsererseits gegeben, sie hätte sich mit der Offenbarung der Rezeptur erledigt.

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Pretty in Pink: Die Zitadelle der Frauen beeindruckt aufgrund ihrer gut erhaltenen Skulpturen und Reliefs

Noch auf dem Programm heute steht Banteay Srei, die Zitadelle der Frauen. Sie wurde komplett aus rosa Sandstein gebaut. Offensichtlich haben nicht nur Damen von heute ein Faible für die Farbe Pink. Die aufwändigen Wandschnitzereien sind teilweise erstaunlich gut erhalten.

Auf dem Rückweg halten wir an einem der zahlreichen Verkaufsstände, um Palmenkaramell zu probieren und zu kaufen. Die Palmen hier werden sehr vielseitig genutzt: Aus den Früchten kocht man den Palmzucker, und aus dem Holz entstehen Gebrauchsgegenstände. Die geflochtenen Blätter formt man zu Verpackungen (die rückstandslos verrotten, im Gegensatz zum schon erwähnten Plastikmüll), auch unsere Bonbons sind damit eingerollt. Aus den Wurzeln schließlich wird Naturmedizin hergestellt. Saraths Großvater war ein Heilkundiger, und so erfahren wir heute durch seinen Enkel, dass man aus den Palmenwurzeln Medizin gegen Hämorrhoiden gewinnen kann. Gut zu wissen.

Weiter: Siem Reap Teil 3

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