Es war im Januar 2007, Naddel war seit 4 Monaten bei uns und Alleinhund, und eigentlich sollte sie es auch bleiben.
Das Wetter war fantastisch und ich ging mit Naddel und Besuchshund Noa außerhalb von Cala Blava spazieren. Nur nebenbei registrierte ich einen jungen Mann, der den Hang hinunter auf mich zukam, im Gefolge ein kleiner struppeliger Hund. Dieser begrüßte zunächst Naddel freundlich. Der junge Mann zeigte auf die beiden und sprach mich an: „Ist das dein Hund?“. „Ja, der gehört mir“, antwortete ich freundlich in der Annahme, er meinte Naddel. „Ist das auch dein Hund?“, fragte er dann. Ich blickte in die Richtung, in die er wies. Sein Hund schnupperte mit Noa rum. „Ja, das ist auch meiner. Kein Problem“, sagte ich. In diesem Moment klingelte mein Handy. Während ich es in meiner Tasche suchte, hörte ich mit einem Ohr den freundlichen jungen Spanier etwas erzählen über einen Hund, den er „dort oben“ gefunden habe… Ich winkte ihm freundlich zu und widmete mich meinem Telefongespräch.
Als ich 10 Minuten später auflegte, war der junge Mann verschwunden. „Sein“ Hund war noch bei mir.
Jetzt schaute ich mir den Kleinen genauer an. Nein, eine Schönheit war er nicht, aber überaus dankbar dafür, dass ich ihn ansprach und sein Köpfchen streichelte. Ok, offenbar hatte mir sein „Herrchen“ erklären wollen, dass er diesen Hund nicht kenne und dass er der Meinung sei, ich müsse besser auf meine Vierbeiner aufpassen. Wie auch immer, ich hatte jetzt diesen dritten Hund bei mir. In der Annahme, er wohne in der Nähe, setzte ich einfach meinen Spaziergang fort. Er würde schon irgendwann nach Hause gehen.
Eine Stunde lang folgte mir der junge Rüde so dicht, dass ich bei jedem Schritt merkte, wie seine Nase an meine Wade stieß. Normal war das nicht. Zuhause angekommen, schloss ich schnell das Gartentor, bevor der fremde Hund hinein schlüpfen konnte. Immer noch ging ich davon aus, dass er jetzt einfach zu seinem eigenen Zuhause laufen würde.
Pustekuchen. Nach einer Stunde saß er immer noch am Tor, mit hoffnungsvollem Blick und bittendem Schwanzwedeln. Ich gab auf und rief Christian an: „Wir haben einen neuen Hund. Er sieht aus wie Grobi aus der Sesamstraße.“
Wir machten Aushänge in und um Cala Blava, verständigten Polizei und Gemeinde und die Tierärzte in der Umgebung. Erwartungsgemäß meldete sich kein Besitzer. So wie unser Fundstück aussah, war er bisher auch niemandem besonders viel wert gewesen. Das Fell war stumpf und ungesund, und nachdem wir diverse Verdauungsstörungen beobachtet hatten, checkten wir mal sein Blut. Die Leberwerte sahen nicht wirklich gut aus, und das bei einem Hund, der gerade mal ein Jahr alt sein dürfte. Und dann sein Hang zum Alkohol! Wir witzelten natürlich über seine ständigen Versuche, Wein- und andere Gläser zu leeren, aber ich vermute, dass der Kleine grundsätzlich mit vergammelten, vergorenen Essensresten ernährt wurde, und dadurch so etwas wie eine Alkoholsucht entwickelte.
Gute Ernährung, meine homöopathische Behandlung und viel Zuneigung machten aus Murphy einen ganz neuen Hund. Seine anfangs chronisch geduckte Haltung wich und „das blanke Vorkommnis“, wie Christian unseren neuen Mitbewohner nannte, entwickelte sich zu einem aufmerksamen Junghund mit lebendiger Körpersprache. Vor allem sein unentwegtes Ohrenspiel fällt auf.
Der rekordverdächtige Unterbiss ist natürlich weder mit gutem Futter noch mit Liebe zu beheben. Ich warnte am Anfang Freunde, wenn sie sich zum Besuch angekündigt hatten: „Der ist sehr hässlich, erschreckt euch nicht.“ Meine Art Humor eben. Aber die Ankündigung hatte zur Folge, dass jeder milde urteilte: „Der ist doch niedlich!“ Und inzwischen ist unser Haushalt ohne Murphy für uns wie auch für den Freundeskreis nicht mehr vorstellbar. Ach, und übrigens: Seine Trunksucht hat Murphy schon lange überwunden.