Nächste Station: Gartenschlauch

Wer das eine will, muss das andere mögen – einen Hund zu halten, bedeutet nicht nur Spaß. Beispiel Körpergeruch. „Ach, mit Ihrem Geruch kommen Ihre Hunde schon klar“, scherzen Sie vielleicht. Kein Scherz – manchmal stinken uns die Hunde ganz schön!

Denn was Parfum angeht, sind unsere Geschmäcker mehr als konträr. „3-Tage-toter-Fisch“ auf der Vierbeiner-Seite, „Chanel No 5“ auf der meinen. Von Exkrementen verschiedener Säugetiere (und Menschen!!!) sind meine Hunde ebenfalls gelegentlich sehr angetan, während ich auf diese Geruchspröbchen prima verzichten kann.

Station Gartenschlauch: Einmal entstinken bitte - gekuschelt wird danach

Ganz heftig traf es uns vor einigen Tagen, als mir Charly entwischte. Er hat nach Spaziergängen häufig noch keine Lust auf Zuhause und nutzt jede Chance zu entkommen. Diesmal sollte er nur einen Meter vom Auto über den Bürgersteig durch die Gartenpforte. Er hatte den Kopf schon im Ziel, als er plötzlich blitzschnell umdrehte und die Flucht ergriff. Da nützt kein Rufen, kein Locken, kein Schimpfen. Charly geht stromern. Er kommt immer nach akzeptabler Zeit zurück, spätestens zur Abendessenzeit. Diesmal – und das ist nicht übertrieben – rochen wir ihn, bevor wir ihn am Torgitter sahen.

Er stank entsetzlich. Sein Fell war mit einer widerlichen Masse verklebt, in der er sich ausgiebig gewälzt haben muss. In der Schnauze trug er stolz eine eingepackte Mettwurst, offensichtlich ein Relikt aus dem vergangenen Jahrhundert. Er fand sich unheimlich toll und verstand nicht, warum wir nicht kuscheln wollten, wo er sich doch sooo freute, wieder zu Hause zu sein. Immerhin war Campino hin und weg, womit auch sein Parfum-Geschmack geklärt wäre.

Eines muss man Charly zugute halten: Er trägt die Folgen seines Fehlverhaltens ohne zu jammern. Auch diesmal wehrte er sich nicht, während wir ihn sorgfältig am Gartenschlauch mit Babyshampoo einseiften und anschließend ausgiebig abduschten. Zur Belohnung war dann später, nachdem er wieder trocken war, ausgiebiges Kuscheln angesagt – jetzt konnten wir uns wieder riechen.

Übrigens – ein regelmäßiges Bad bekommt keiner unserer Hunde (ausser das freiwillige im Mittelmeer). Der gesunde, normal duftende Hund muss nicht turnusmäßig gewaschen werden. Im Gegenteil – zu häufiges einseifen kann seiner Haut schaden.

72 Stunden Angst

Falls jemand heute Mittag gegen 13 Uhr einen lauten Rumms gehört hat – das war der Stein, der mir vom Herzen fiel.

Naddel und Murphy waren weg. Seit Sonntag. Drei Tage am Stück.

Klar, Schuld sind nicht die anderen. Wir hatten sie auf unserem Sonntagsmarsch in bekanntem Gelände gemeinsam von der Leine gelassen. Nur für einige Minuten, weil der Trampelpfad an der Steilküste inzwischen so bewachsen ist, dass Hundeleinen ständig hängen bleiben. Vorher sprachen wir noch drüber, dass einer der beiden immer als Geisel herhalten muss. Nachher sahen wir, dass sie sich zu zweit unauffällig von uns entfernt hatten, und als wir dann riefen, gaben sie noch extra Gas. Wir konnten das gerissene Doppel beobachten, wie es den Hang hinauf rannte. Keine Chance, diese beiden einzuholen. So beobachteten wir zunächst, ob sie sich besinnen und umkehren. Ein Fehler, wie wir jetzt wissen. Natürlich kehrten sie nicht um. Irgendwann, gegen 13 Uhr, verloren wir sie aus den Augen.

Erholungsbedürftig: Naddel
Erholungsbedürftig: Naddel

Schließlich kraxelten wir selbst die Steilküste hoch, auf dem kürzesten Weg, teilweise auf allen Vieren. Ich witzelte noch über „unsere persönlichen Fitnesstrainer“. Da wusste ich noch nicht, dass das Training drei volle Tage andauern würde.

Wir suchten sie bis in den Abend. Wegen der Dunkelheit mussten wir im freien Gelände aufgeben, vermuteten die Ausreißer dann aber im Ort und suchten dort noch weiter. Nichts.

Wir ließen die Gartenpforten auf in der Hoffnung, sie würden nachts nach Hause finden. Nichts.

Montag. Es kommen zwei Richtungen in Frage – die zu unserem jetzigen Zuhause, und die zu dem alten Haus, wo Naddel und Murphy auch jede Gasse kennen. Das sind vier Ortschaften. Wir beginnen, alle Straßen abzulaufen, rufend und pfeifend. Immer wieder regnet es, was die Suche erschwert. Vor allem ist uns klar, dass Naddel sich nicht aus dem Trockenen bewegt… Doch haben sie überhaupt ein geschütztes Plätzchen gefunden? Sind sie überhaupt im Dorf, oder halten sie sich nach wie vor in der Pampa auf? Tierärzte, Tierheime, Polizei, Gemeinde und Chip-Melde-Zentrale sind informiert.

Unendlich müde: Murphy
Unendlich müde: Murphy

Dienstag. Die Suche geht weiter. Wir hängen die ersten Suchplakate auf. Freunde helfen uns, das Inselradio sendet einen Aufruf. Immer mehr Menschen bieten ihre Hilfe an. Ich selbst ziehe mich nachmittags für kurze Zeit zurück unter die Bettdecke, kann nicht mehr mit Leuten reden ohne zu heulen, werde die schrecklichen Was-alles-passiert-sein-kann-Bilder nicht los, ertrinke in Selbstvorwürfen… Nachts fahren wir wieder los. Ohne Umgebungsgeräusche hört man vielleicht die Hunde winseln, hoffen wir. Erneut beginnt es zu regnen. Mit Kapuze auf dem Kopf hört man nichts. Abbruch.

Mittwoch. Sonne! Lassen sich Naddel und Murphy heute endlich irgendwo blicken? Ich drucke weitere 60 Aushänge aus und bereite sie für Freunde vor, die ihre Hilfe angeboten haben. Gegen 12.15 Uhr klingelt mein Handy. Der Tierarzt in Bahia Grande ist dran. Schluchzend höre ich, dass eine Autofahrerin Naddel auf der stark befahrenen Hauptstraße eingefangen und zu ihm gebracht hat. Was für ein Glück! 20 Minuten später halte ich sie auf dem Arm. Unverletzt. Etwas schmaler, ziemlich zerkratzt und schmutzig, aber überglücklich. Sie will nie wieder runter von meinem Arm.

Sofort startet der Suchtrupp in der Nähe des Naddel-Fundortes. Ich fahre mein Püppi nach Hause, gebe ihr eine leichte Mahlzeit und gegen das leichte Hinken ein homöopathisches Trauma-Medikament. Sie macht einen guten Eindruck, hat kein Fieber und will nach dem Fressen nur unter die warme Decke auf der Couch.

Mit Charly und Campino starte ich in Richtung Suchtrupp. Doch daraus wird nichts: Vor der Gartentür wartet geduldig Murphy. Tut so, als wäre er nur zehn Minuten weg gewesen. Ist gesund und munter, nicht einmal nennenswert verfilzt, nur ein wenig schlanker. Hungrig und später – genau wie seine Partnerin – sehr müde. Und unendlich erleichtert.

Heute also endlich Tränen des Glücks. Drei Tage können tierisch lang sein.

Noch ein exklusiver Tipp zum Schluss: Die Regenwasser-Aas-Diät ist zwar nicht schmackhaft, aber sehr effektiv.

Schlau wie ein Fuchs

Nach dem Abendessen, kurz vor Sonnenuntergang, gingen wir noch mit unseren Gästen, meiner Sandkastenfreundin Marion und ihrer Reisebegleitung Petra, runter zum Meer. Um den Ausflug übersichtlich zu halten, nahmen wir nur Charly und Murphy mit. Naddel und Campino blieben enttäuscht am Gartentor sitzen.

Kaum einen Kilometer weg von zu Hause, trabt plötzlich und unerwartet ein überaus vergnügter Campino hinter uns her. „Okay – wir haben ein Loch im Zaun“, erkennen Christian und ich sofort.

Sieht fast aus wie ein Fuchs und ist auch ziemlich gewitzt - Campino
Sieht fast aus wie ein Fuchs und ist auch ziemlich gewitzt - unser Campino

Wieder zu Hause, gemütlich auf der Veranda klönend, steht plötzlich Campino vor der Gartenpforte. Draußen. „Der war noch mit nach Hause gekommen?“, wundere ich mich, lasse ihn aber sofort rein. Keine 5 Minuten später wackelt seine Friedensfahne (weiße Spitze am Schwanz) wieder vor freudiger Erregung – auf der falschen Seite des Tores.

Wir amüsieren uns alle göttlich. Campino glaubt gerade, ein tolles Spiel erfunden und für den Rest des Abends unsere kollektive Aufmerksamkeit gebucht zu haben. So ein schlauer Fuchs.

Pech ist nur, dass wir auch nicht „von gestern“ sind. Diesmal weigern wir uns, ihm die Tür zu öffnen. Einen Moment steht er verlegen da, dann sehen wir nichts mehr von ihm, da er hinter der Mauer verschwindet. Dann raschelt es im Gebüsch und schon ist Campino wieder brav zu Hause. Und weil das Spiel jetzt nicht mehr so schön war, bleibt er lieber bei uns und lässt sich ausgiebig von Marion kraulen.

Einmal noch nutzt er seinen Notausgang eine Stunde später, als wir auf der Straße die beiden Frauen verabschieden. Danach macht Christian das Loch dicht. Bevor der Fuchs die Chance hat, seinen Kumpels den Trick zu verraten…

Deckenspiel Vol. 2

Als ich ihn das erste Mal dabei erwischte, dass er sich eine Decke vom Hocker klaute und mit aufs Sofa nahm, hätte ich vermutlich schimpfen müssen. Das geht aber bei Murphy nie, dieser Hund ist einfach nur komisch. Also förderte ich es… Vielleicht bringt er mir irgendwann die Hausschuhe? Oder serviert mir ein Bier auf die Couch? Murphy läßt sich auf jeden Fall immer wieder was Neues einfallen, um uns zum Lachen zu bringen!

Jedenfalls filmte ich dann Murphy in action. Um zu dokumentieren: Wenn niemand mit ihm sein Deckenspiel spielt, entwickelt er es eben weiter. Auf seine ganz eigene Weise. Dass er sogar das Teekesselchenspiel kennt, beweist er auch: Das Wort „Decken“  hat bei ihm mindestens zwei Bedeutungen. Zum neuen Video geht’s hier.

(hier der Rückblick: Deckenspiel Vol. 1)

 

 

Unser Hund trägt Markenkleidung

Charly in seinem Original T-Shirt

Nachdem wir die letzten 14 Tage lang täglich den Verband gewechselt haben, ist endlich Heilung abzusehen. Also ging ich auf den Markt, um ein T-Shirt für Charly zu kaufen. Prüfend hielt ich ein dunkelblaues Modell der Größe 2 mit eindrucksvollem Monster-Druck hoch. Eifrig kam der Verkäufer näher: „Das ist ein Original, garantiert, keine Fälschung!!!“ Als ich grinsen musste, machte er sofort ein beleidigtes Gesicht. „Entschuldigung“, lachte ich weiter, „es ist nur – völlig unwichtig. Das Shirt ist für meinen Hund!“ Nun musste auch er lachen. Gemeinsam diskutierten wir die Frage nach der Größe. Wirklich helfen konnte er mir natürlich nicht, auch Charlys Körpergewicht  brachte uns nicht weiter. Schließlich kaufte ich das Monstershirt – natürlich nur das Original – und „chacka“: Es passt Charly wie angegossen. Ich brauche nur eine Sicherheitsnadel, um die Länge zu korrigieren, damit er das gute Stück nicht bepinkelt. Wir haben jetzt also einen Hund in Markenkleidung! An diesem Tag kam ich mir wirklich vor wie eine Mutter. Murphy brauchte das Mama-Taxi, weil er Frisör-Termin hatte. Den Katzen musste ich neue Näpfe besorgen, Charly sein neues Outfit – den ganzen Tag war ich in Sachen „Nachwuchs“ unterwegs. Am Abend kicherten wir nur noch: „Und das Naddelchen muss nachher zur Ballettstunde!“

Schöner Rücken

Rutscht mir doch einfach den Buckel runter...

Man sagt diesem Körperteil ja gelegentlich nach, er sei entzückend. Das war aber nicht Charlys Absicht, als er mir seinen Rücken zuwandte. Vielmehr drückt die Körperhaltung aus: Schnauze voll. Rutscht mir mal alle den Buckel runter.

Was ist passiert? Es war eine einfache Granne. Diese spitzen Grasähren mit Widerhaken, die derzeit nach einem Spaziergang in den Klamotten stecken und den Tierärzten volle Wartezimmer bescheren. Diese Grannen arbeiten sich in Ohren und Nase von Hunden, zwischen ihre Zehen, in den Rachenbereich – und manchmal einfach unter die Haut. Bei Charly saß die Granne an der Brust in Achselnähe. Und da diese fiesen Dinger wandern können und/oder Entzündungen verursachen, empfiehlt es sich manchmal, einen kleinen Schnitt zu machen und sie sauber zu entfernen.

Das war denn auch der Plan, vor drei Wochen. Dummerweise kam es bei unserem Blondino zu einer heftigen Komplikation. Die OP-Narbe infizierte sich, Gewebe starb ab. Charly hatte Schmerzen und Fieber, wir hatten eine harte  Zeit, wir hatten Sorgen und Angst, ich war wütend… Ich will nicht mehr erzählen. Wir sind inzwischen zum Glück der Heilung ganz nah. Gesagt werden muss nur noch, dass unser Hund sehr, sehr tapfer war und immer noch geduldig jegliche Behandlung über sich ergehen läßt. Einzig das Renn- und Tobeverbot treibt ihn gelegentlich schier in den Wahnsinn, aber ein Ende ist abzusehen, bald kann er wieder mit Campino durch den Garten tollen.

Ich sage mir manchmal – hätte ich bloß nicht dran gerührt, irgendwann und irgendwie wäre diese fiese Granne schon wieder verschwunden. Aber man muss fairerweise auch sagen – hätte ich nicht dran gerührt und wäre es dann zu einer Entzündung gekommen, zu Schmerzen und Angst und Fieber – was wäre die heutige Message? Genau: Hätten wir bloß operiert.

Wir können halt alle nicht in die Zukunft schauen.