S wie Sucht

„Du hast doch ein Suchtproblem“, warf ich Bodo oft vor, als ich noch Bälle für ihn warf. Was ich damals scherzhaft meinte, hat aber tatsächlich Hand und Fuß. Bei einem Balljunkie wie Bodo (alias Ballermann) finden sich ähnliche hormonelle Ausnahmezustände wie bei einem Menschen, der süchtig ist nach Alkohol oder Spielen, Drogen oder Smartphone. Darüber berichtet die Zeitschrift Hundewelt in ihrer aktuellen Ausgabe (in der auch meine erste Folge der Serie „Naddel wird alt“ erschienen ist, aber das ist eine andere Geschichte).

Terrier Bodo mit Igelball
Bei diesem Faszienroller, so Bodo, kann es sich nur um einen Ball handeln. Um SEINEN Ball.

Man weiß heute also, dass manche Hunde eine niedrige Reizschwelle haben, „so dass beim Jagen lawinenartig Dopamine und Endorphine ausgeschüttet werden. Die Grenze vom harmlosen Spiel zur Sucht kann hier unbemerkt überschritten werden“ heißt es in der Hundewelt. Und dass die Suchtgefahr durch regelmäßiges Training erhöht wird. Und dann wird sogar vor einer Art Beschaffungskriminalität gewarnt, bei der der Vierbeiner „aggressiv das Werfen … einfordert“. Oha. Das kommt mir arg bekannt vor.

Gut also, dass ich vor langer Zeit instinktiv die richtige Maßnahme ergriffen habe, indem ich Bälle für tabu erklärte. Ich gebe zu, der wahre Grund war, dass mein krimineller Terrier mir ständig seine Lieblingsobjekte auf den Schoß legte, wo sie ihre Spuren aus einer ziemlich ekligen Mischung aus Hundespucke und Gartenerde hinterließen. Der zweite Auslöser für das Ballverbot war die Angst um Ayla. Unsere große Deutsch Langhaar-Hündin liebt es, Spielzeuge zu zerkauen, und sie wäre nicht die erste gewesen, bei der in einer Notoperation ein am Darmverschluss schuldiges Reststück entfernt würde.

Also gab es keine Bälle mehr. Es sei denn, Bodo fand einen in Nachbars Garten – definitiv ein weiterer Fall von Beschaffungskriminalität. Inzwischen weiß ich, auf welchen Höfen er fündig werden könnte, was zu erweitertem Leinenzwang führte.

Soweit hatte ich alles unter Kontrolle. Bis ich einen Faszienroller geschenkt bekam. Dummerweise einen kugelrunden. Als ich ihn zum ersten Mal ausprobierte, bekam Bodo sofort große Augen. Dieses grüne Schmuckstück, so seine Überzeugung, kann auf keinen Fall für einen gesundheitsfördernden Einsatz bei Menschen gedacht sein. Es handelt sich hier definitiv um einen Ball. Und zwar um Bodos Ball.

Seitdem bin ich meinen Faszienroller los und Bodo ist glücklich. Gefahr für Ayla besteht nicht. Der Igelball zeigt sich selbst bei langandauerndem Kauangriff unkaputtbar.

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