Erlösung

Innerhalb von 24 Stunden bei Facebook fast 200 Likes und 36 – ausschließlich positive Kommentare! Das hat mich fast umgehauen. Was ich in der Hundesenioren-Gruppe gepostet habe?

„Ich möchte allen, denen die finale Entscheidung bevorsteht, ein wenig Mut machen.

Vor 10 Tagen habe ich Charly über die Regenbogenbrücke geschickt. Er war 16 Jahre alt und wir waren schon im letzten Dezember kurz davor, ihn zu erlösen. Durch eine palliative Medikation gewannen wir noch einmal 10 Monate. Aber jetzt konnte er nicht mehr. Er fiel öfter hin und konnte nicht mehr aufstehen. Nachts wusste er nicht, wie er liegen sollte. Und das Hinlegen an sich dauerte manchmal qualvolle 10 bis 15 Minuten. Leider wirkten keine Schmerzmittel…

Das Schlimmste war der Anruf bei der Tierärztin, um DEN Termin zu machen. Und der Abschied tat weh.
Aber ich schwöre euch – Ich spürte und spüre so eine Erleichterung in mir. Für Charly. Der kachelt jetzt auf der anderen Seite durch die Gegend. Keine Schmerzen mehr. Keine Zäune (Zäune? Wer braucht Zäune? Charly war bis vor 3 Jahren ein großartiger Ausreißer!) Keine irdischen Fesseln. „Run free“ ergab noch nie soviel Sinn.
Und wisst ihr was? Auch unsere beiden verbliebenen Hunde zeigen sich erleichtert, wie befreit. Ayla und Bodo, beide 10, spielen wieder. An Charlys Abschiedstag, während ich das Grab aushob, begannen sie wieder miteinander zu toben, was sie seit etlichen Monaten nicht mehr gemacht hatten. Und seitdem spielen sie jeden Tag – und unser Blondino Charly feuert sie von Wolke 17 aus an.
Ich weiß, der Gedanke ans Loslassen ist qualvoll. Aber ist es nicht wunderbar, dass wir unsere alten Gefährten von ihren Schmerzen erlösen können? Mir gibt das Frieden.“

Abschied von Charly

Wir zünden eine Kerze an für unseren Blondino. Dreizehneinhalb Jahre hat Charly uns begleitet. Und wir ihn. Heute machten wir einen letzten Seniorenausflug über die Wiese, wo er Schafknödel naschen durfte. Und dann warteten seine alten Freunde auf ihn, auf der anderen Seite des Regenbogens, und zusammen geben sie wieder richtig Gas. Ohne Schmerzen, ohne Zäune. Was für ein schöner Gedanke.

Denn die schönsten Erinnerungen zeigen mir Charly, wie er rannte. Er spielte Fangen mit den vielen Pflegehunden, und er rannte voran, immer ums Haus rum. Schon auf Mallorca fand er jedes Loch im Zaun und rannte die Straßen entlang, scheinbar ohne Ziel, einfach nur schnell und weit. Häufig kam er mit einer Duftnote nach Hause, die er selbst für das Nonplusultra hielt, uns aber die Tränen in die Augen trieb. Nicht selten bewaffnete ich mich mit Gartenschlauch und Gummihandschuhen… er ertrug die Reinigung mit Fassung. Auch in seiner neuen Heimat, hier im Herrenkoog, war er anfangs immer wieder ungeplant unterwegs – dem Ruf der Biogasanlagen folgend. Als wir die Tür gesichert hatten, kletterte er über den Zaun. Als wir dort eine Strom-Litze installierten, buddelte er sich unten durch. Charlys Freiheitsdrang war phänomenal. Aber er kam immer nach wenigen Stunden zurück und freute sich unbändig, wenn er uns wiedersah.

Unzählig oft erhielt ich Anrufe oder Nachrichten von Charly-Sichtungen (manchmal hatte ich noch gar nicht bemerkt, dass er weg war). Früher, auf Mallorca, wurde er sogar gelegentlich von Freundinnen nach Hause gebracht. Wenn sie ihn zufällig irgendwo trafen. Er sprang aber nur ins Auto, wenn man ihn bei Namen nannte.

Aber auch Charly wurde ruhiger. Als im letzten Jahr Naddel starb, übernahm er quasi nahtlos die Seniorenposition. Nein, es ist nicht schön zu sehen, wie ein Hund seine Lebenskraft verliert. Gestern noch agil und fit, und scheinbar plötzlich kann er kaum noch hundert Meter laufen und quält sich beim Hinlegen. Wir haben darüber gewacht, wie lange sein Zustand für ihn noch zumutbar war. Aber wenn ein Hund nicht mehr alleine aufstehen kann, hat er dann noch Lebensqualität? Ist das noch sein Leben? Unser letzter Liebesdienst an Charly war, ihn von irdischen Fesseln und Schmerzen zu befreien. Run free, Chary.

 

Naddel

Vor wenigen Tagen ist Naddel mit unserer Hilfe über die Regenbogenbrücke gegangen. Sie war fast 15 Jahre bei uns. Wir sind unendlich traurig, uns verabschieden zu müssen. Und wir sind sehr dankbar, dass Naddel unser Leben für so lange Zeit bereichert hat. Mein Nachruf auf eine ganz große kleine Hündin.

Wie wir sie gefunden haben, beschrieb ich in einem Artikel an ihrem 9. „Kommtag“ . Die im Tierheim präsentierte mentale Stärke zeigte Naddel ihr Leben lang. Unzählige Hunde, ob Vierbeiner aus dem Freundeskreis oder unsere wechselnden Pflegetiere, akzeptierten klag- und fraglos ihre Führungsposition. Nur mir gegenüber zeigte sie sich als zartes, kleines Wesen, das ins Auto gehoben und nachts gut zugedeckt werden wollte. Das war durchaus berechnend, denn bei der nächsten Gelegenheit veralberte sie mich, um etwa mit Murphy die Biege zu machen. Ihr längster Ausflug dauerte drei Tage. In ihrer Zeit bei uns war sie aber auch als Ersatz-Mama und Erziehungsbeauftragte für Dutzende von Welpen unersetzlich.

Es fällt extrem schwer, Erinnerungen an Naddel aufzurufen und zu teilen, denn in den letzten zwei Jahren, nachdem sie mich zu meinem 3. Ratgeber „Tierisch grau – so bleibt der Seniorhund gesund“ inspiriert hatte, alterte sie zusehens. Das ist normal, das darf bei einem Hund mit  16, 17, 18 Jahren so sein. Doch zuletzt schien mir, als würde mein Naddelchen langsam verschwinden, als verlöre sie Stück für Stück ihre großartige Persönlichkeit und Gramm für Gramm ihr körperliches Dasein. Dieser schleichende Prozeß überschrieb quasi im Gehirn die Bilder unserer kraftvollen Rudelchefin. Zum Glück haben wir über die Jahre einige Videos gedreht, in denen immer wieder Naddel auftaucht… in ihren besten, kraftvollsten Zeiten.

Wir haben lange mit uns gekämpft, aber wir waren und sind uns sicher, dass Naddels Zukunft Vergangenheit war. Sie war so gut wie blind und taub und konnte kaum noch etwas riechen. Bis zum Schluß fraß sie gerne und drehte noch täglich ihre langsamen Runden im Garten. Aber sie war desorientiert, wir mussten sie ständig im Auge behalten, sie aus einem Strauch retten, wo sie sich verloren hatte, sie in den Schatten holen, bevor sie in der Sonne kollabierte. Deswegen war es die richtige Entscheidung und der richtige Zeitpunkt, ihr auf die andere Seite zu helfen. Es tut trotzdem weh. Aber wir konzentrieren uns auf Dankbarkeit für das Glück, dass wir sie so lange begleiten durften. Jetzt ist sie wieder Chefin, irgendwo, auf Wolke 17.

 

Endgültiger Abschied

Es ist mehr als zehn Jahre her, dass ich einen Nachruf auf Luna veröffentlichte. Damals war sie seit etlichen Wochen spurlos verschwunden und wir hatten die Hoffnung aufgegeben. Wie durch ein Wunder kam unsere Miesekatze dann doch zurück nach Hause.

Jetzt stehe ich wieder vor der schweren Aufgabe, hier Tschüß zu sagen. Luna ist gegangen, diesmal gibt es keinen Zweifel. Schwer erkrankt, verbrachte sie ihre letzten Tage in einer Tierklinik, und dort schlief sie dann ein. In Henstedt-Ulzburg, wo sie zuletzt gelebt hat, bekam sie ihre Ruhestätte.

Wir vermissen sie schon lange. Durch unseren Umzug nach Nordfriesland mussten wir uns von den Katzen trennen, denn der Hund meiner Eltern ist kein Katzenfreund, hätte sie vermutlich umgebracht. Luna zog zunächst nach Braunschweig, was sich leider nicht als dauerhafte Lösung entwickelte,  und fand bei einer sehr guten Freundin ein wundervolles Zuhause, in dem sie sich super wohl fühlte. Das war ihr Leben – Haus, Pferdestall und Garten frei von Mäusen halten, Narrenfreiheit bei der Frage nach Rein oder Raus (aus dem Haus), und sogar ein alternatives Frauchen nebenan. Falls es im Erstdomizil mal zu unruhig wurde.

Wie schon auf Mallorca, kam Luna auch in Schleswig-Holstein mit allen Hunden und Menschen klar. In der Vet-Praxis verblüffte sie Anfang letzter Woche das Personal, weil sie wiederholt ihre Beschwerden verleugnete, dem Tierarzt auf die Schultern sprang und Kuscheln als Therapie verlangte. Leider führte diese nicht zur Heilung. Ich hoffe, sie bekommt in den ewigen Jagdgründen ausreichend Streicheleinheiten.

Campinos Reise – Nachruf

Wenn ich an die zehn Jahre mit Campino denke, erinnere ich mich vor allem an Überraschungen. Zuletzt, als er mit uns nach Deutschland ziehen sollte. Ich befürchtete, er würde vor Panik zergehen, alleine in einer Kiste im Flieger. Also schmuggelte ich ihn in Charlys Transportkiste. Illegal, mir egal, ich wollte das Beste für mein Pinchen. Als ich die Hunde in Hamburg aus der Box holte, stellte ich fest, dass Campino Charly beruhigt hatte, nicht umgekehrt.

Er wuchs so oft über sich hinaus. Ich erfuhr damals, vor 10 Jahren, von einem Hund ohne Zukunft, im Tierheim der Sonnenhunde. Schwer an Leishmaniose erkrankt und voll panischer Angst vor Menschen – unvermittelbar. Wir boten ihm einen Pflegeplatz, wir wollten ihn gesund pflegen und sein Vertrauen in Menschen zurückgeben, so dass ihn eine liebe Familie adoptieren konnte.

Von Vertrauen zurückgeben war keine Rede. Was auch immer diesem Hund angetan wurde, er hatte noch nie eine positive Erfahrung mit

Portrait von Campino im Garten
Mach’s gut, Kleiner. Danke für die schöne Zeit

Menschen gemacht. Er hatte noch nie auf einen Namen gehört. Es dauerte lange, bis er Menschen nicht mehr mit Angst, Leid, Schmerzen verknüpfte. Es dauerte noch länger, bis er Menschen als etwas Gutes ansah. Als ich eines Tages feststellte, dass er sich über Besucher freute, war ich sehr glücklich. Das war lange nachdem wir eingesehen hatten, dass Campino für immer bei uns bleiben musste.

Sein Leben lang verband er Orte mit Erinnerungen.Vielleicht war das sein Trick, Platz zu schaffen – Lebensraum, der frei von bösen Geistern ist. Er lernte schnell, dass ein Auto positiv ist, weil man damit zu schönen Plätzen fährt, wo man tolle Ausflüge macht. Im Auto hatte er nie Schmerzen erfahren. Im Auto konnte er das erste Mal körperliche Berührungen ertragen. Und auf der Couch. Noch nie hatte ihn jemand auf der Couch gequält. Kunststück – wer hätte ihm jemals einen Platz auf der Couch anbieten sollen?

Und obwohl wir Menschen in seinen Augen potentiell gefährlich waren, entwickelte er sich doch zum treuen Freund. Er wusste, wo er hingehört. Bei seinem letzten Umzug mit uns, von Mallorca nach Deutschland, ließ er noch einmal einen großen Sack alter Belastungen auf der Mittelmeerinsel zurück. Nordfriesland war sicher, hier war ihm nie Leid geschehen. Seine beiden letzten Jahre hier, zwischen den Deichen, hat er unendlich genossen. Endlich konnte er entspannt auf Menschen zugehen. Seine Flucht war beendet. Er war angekommen.

In seinen letzten Lebenstagen musste er leider noch einmal Schmerzen ertragen durch einen Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule, der ihn komplett lähmte. Aber Campino wusste voller Vertrauen, dass wir ihm helfen wollten. Als keine Aussicht auf Heilung bestand, machten wir das Einzige, was wir noch für ihn tun konnten, wir erlösten ihn. Seine letzte Ruhestätte findet er im Herrenkoog, wo er schon vorher seinen Frieden gefunden hatte.

Den Kampf verloren – Nachruf auf Murphy

Wir weinen um Murphy.

Wir haben so viel gelacht über ihn – er war der witzigste Hund, den ich je kennengelernt habe. Wann trifft man schon einmal einen Hund, der „seine“ Menschen ganz gezielt zum Lachen bringen will? Das erfordert eine derart hohe soziale Intelligenz, in dieser Liga spielen nur ganz wenige Hunde. Verschwindend wenige. Und eines dieser seltenen Exemplare hat uns jetzt verlassen. Wir weinen um Murphy. Aber wenn wir uns gemeinsam an ihn erinnern, dann versuchen wir zu lachen, wie er es geliebt hat.

Vor fast genau 8 Jahren lief mir „Das blanke Vorkommnis“ hinterher. Und wir wurden es zu

Run free, Murphy
Run free, Murphy

unserem Glück nicht mehr los. So ein Blog wie pfotenpower.com hat nicht nur Wirkung nach außen. Für uns ist es Therapie und Tagebuch, denn wenn man ins Suchfeld „Murphy“ eingibt, erscheinen wundervolle Geschichten, Begebenheiten, Erlebnisse. Er spielte die Hauptrolle in You-Tube-Filmen, verweigerte konsequent allen Pflegewelpen jegliche Beachtung und wuchs als Persönlichkeit, je länger er bei uns war. Wie auch sein Fanklub immer größer wurde. Er kämpfte für Naddel, um seine Decke  und gegen Ratten.

Seinen Kampf gegen den Krebs focht Murphy lange alleine. Als wir bemerkten, dass mit ihm etwas nicht stimmte, war es viel zu spät. Als wolle er die Aussichtslosigkeit für sich behalten, unser Lachen konservieren, hielt er seinen Zustand trotz intensivster Diagnose geheim bis zur heutigen Operation, aus der er nicht mehr aufwachte.

Gleich gehen wir los und bringen seinen Körper zum Schluß. Zum Anfang, wo er mich gefunden hat. Der Kreis schließt sich. Wir weinen um ihn und wir werden immer lachen über ihn. Danke für die Zeit, Murphy.